Patientensicherheit an oberster Stelle

Beim Lesen mancher Zeitungsartikel stehen einem förmlich die Haare zu Berge. Immer wieder erfährt man von verpatzten Operationen, Verwechslungen von Patienten und falschen Medikationen. Wer da einem größeren Eingriff bevor steht, dem kann dabei Angst und Bange werden.

Patientensicherheit an oberster Stelle

Medizin und passendes Risikomanagement

„Kleine“ Fehler reichen oftmals schon aus, dass der Patient die Behandlung nicht verträgt oder sogar nicht überlebt. Durch Zahlendreher im Bettenbelegungsplan bekommt ein Diabetiker ein Stück pure Sahnetorte. Dank einer unleserlichen Handschrift steigt die Dosis eines Wirkstoffes gleich auf die zehn- oder sogar hundert-fache Menge an. Man gibt statt der Blutgruppe B+ die Gruppe B- in die Datenbank ein. Schreibfehler beim Namen des Patienten führen zu einer ganz anderen Operation. In der alltäglichen Hektik wird Scharlach als eine harmlose Hautreizung diagnostiziert und lediglich eine entzündungshemmende Salbe verschrieben.

Derartige Fehler sind durchaus bekannt, werden dennoch sehr oft verkannt und die enormen Sicherheitsmängel trotzdem nicht behoben. Unbedeutende Irrtümer, die keinen großen Schaden angerichtet haben oder vom Patienten gar unbemerkt bleiben, werden in den meisten Fällen verschwiegen. Zu groß wäre der Aufschrei nach Schadensersatz, Zulassungsentzug und dem Vertrauen der Patienten, welches man zum Praktizieren benötigt. In kleineren Praxen und Kliniken sind diese Fehlerzahlen sehr gering und gut überschaubar. Bei größeren Krankenhäusern, die tausende Patienten versorgen, sind bei einer angenommenen Fehlerquote von 3% (5% davon mit tödlichem Ausgang) um einiges mehr Patienten betroffen.

Nun, wie soll man künftig mit diesen Irrtümern und Fehlern und natürlich mit deren Konsequenzen umgehen? Irgendwie muss man ihnen schließlich begegnen. Und sie einfach totzuschweigen, ist keine akzeptable Lösung. Irgendwann kommt es doch ans Tageslicht und die Folgen sind wesentlich schlimmer. Sinnvoller ist es, aus diesen Fehlleistungen zu lernen und die Schwachstellen ausfindig zu machen. Nur so kann langfristig für geringere Fehlerquoten gesorgt werden. Praktisch ausgedrückt, wird sich in ähnlich risikoreichen Branchen nach bereits bestehenden Lösungskonzepten umgesehen, die man dann auf das Risikomanagement im medizinischen Bereich übertragen kann. Im Ausland sind dazu schon einige Studien mit verschiedenen Systemen durchgeführt und ausgewertet worden, teilweise bereits schon umgesetzt.

Großflächige Projekte ergaben, dass Irrtümer in den meisten Fällen auf mangelnde Kommunikation zwischen den Beteiligten zurück zu führen waren. Die Fehleranalyse ergab, dass durch Verkettungen von Missverständnissen rasch aus harmlosen schwerwiegende Fehlentscheidungen wurden. Derartige Kommunikationsfehler werden durch undurchdachte und unstrukturierte Systeme noch gefördert. Mangelnde Organisation, schlampige Vorbereitungen und zu schwache und seltene Kontrollen können nur zu solchen Ergebnissen führen. Selbst wenn die Kommunikation untereinander missverständlich ist, so sollte wenigstens das System richtige Antworten geben, bzw. den Anwender dazu bringen, diese korrekt festzuhalten und später fehlerfrei wieder zu entnehmen. Hierzu gibt es mittlerweile diverse Normen und Richtlinien, die zumindest ein Grundmaß an Konsistenz fodern.

Einsicht schleicht langsam voran

Und genau das beherzigen immer mehr Praxen und Kliniken in Deutschland. Sie überdenken ihr grundsätzliches Konzept und überarbeiten es dahin gehend, dass mehr Fehler frühzeitig erkannt werden und die Sicherheit der Patienten daraus resultierend steigt. Versehentliche Irrtümer sollen nicht länger zu schwerwiegenden medizinischen Fehlern führen. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit soll zudem gestärkt und dadurch Fehldiagnosen vermindert werden. Nicht zu verkennender positiver Nebeneffekt sind die sinkenden Regressforderungen und -ansprüche.

Damit das alles gelingt und durch die Umstellung nicht noch mehr Probleme auftreten, gibt es spezielle Risikomanagement Software für Medizintechnik und die Pharmaindustrie - hier zum Beispiel für den Fall, dass man ein neues Medizinprodukt auf den Markt bringen will. Die Hersteller müssen sich zunehmend mit neuen, komplizierten Auflagen umher prügeln und immer höhere Standards erfüllen, damit ihr Produkt überhaupt zugelassen werden kann. Qualitätsoptimierung und Risikominimierung müssen daher stets angepasst werden. Hier setzt die Software an und unterstützt den Anwender in all diesen Prozessen.

Bereits während des Produktentwicklungsprozesses können relevante Risiken, zum Beispiel während der späteren Benutzung, frühzeitig erkannt werden. Mit der systematischen Anforderungsanalyse entdeckt man jedes noch so kleine Manko, kann es anschließend bewerten und entsprechende Maßnahmen dagegen ergreifen. Betrachtet man beispielsweise ein für Laien simples Blutbeutelsystem, so lassen sich bereits aus den Kundenanforderungen über mehrere Schritte (bestimmungsgemäßer Gebrauch laut Norm, etc.) messbare Qualitätsziele ermitteln. Diese Systeme bestehen aus mehreren Komponenten und müssen immer keimfrei sein, ebenso im Kühlschrank lagerbar. Daraus ergeben sich bewertbare Kriterien, die sich ganz einfach kontrollieren lassen. Liegen die gemessenen Werte nicht in der Norm oder entsprechen den Anforderungen des zuvor erstellten Bewertungskatalogs, ist das Risiko einer Fehlfunktion zu groß. Entsprechende risikominimierende Maßnahmen müssen nun eingeleitet , evtl. sogar wieder ganz am Anfang des Entwicklungsprozesses angefangen werden. Jedoch ist das immerhin noch besser, als wenn diese Fehler erst in der Massenproduktion oder beim Endverbraucher aufgefallen wären.

Strukturierte „Team“-Arbeit

Damit eine erfolgreiche interdisziplinäre Zusammenarbeit gewährleistet werden kann, ist eine zentrale Datenbank, in der sich das gesammelte Wissen befindet, unerlässlich. Hier steht es immer für das Wissensmanagement bereit und ermöglicht jederzeitigen Zugriff und dessen Wiederverwendung. Dabei gewährleistet die Software einen ganzheitlichen Ansatz vernetzter Daten und Strukturen für Produkte und ganze Prozesse. Potenzielle Gefahren müssen methodisch beurteilt werden, damit der durch sie verursachte Schaden richtig bewertet werden kann. Dabei werden erprobte und anerkannte Methoden zur Risikoanalyse (z.B. FMEA) eingesetzt. Die systematische Vorgehensweise beim Auffinden etwaiger Risiken macht dieses Konzept dabei so effektiv. Darauf aufbauend, können passende Optimierungsmaßnahmen eingeleitet und überwacht werden.

Gute Methoden und praktische Verfahren nützen einem jedoch gar nichts, wenn man sie auf Grund von Inkompatibilität im eigenen Unternehmen nicht einsetzen kann. Im Vordergrund steht daher immer die bestmögliche Integration in den eigenen Entwicklungs- und Produktionsprozess. Hierzu zählt nicht nur, dass die Anforderungsanalyse automatisch Input für die Risikoanalyse liefert, sondern auch dass diese Daten entsprechend verarbeitet werden können. Nur so können sie in die Prozessplanung mit einfließen und einen hohen Nutzen erbringen. Die daraus angelegte Wissensdatenbank bietet optimale Auswertungsmöglichkeiten, sei es nur projekt- oder auch produktübergreifend.

Mit einer strukturierten Organisation, kompetenten Mitarbeitern und einem guten Risikomanagement kann man den steigenden Behandlungsfehlern heutzutage gut begegnen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass man seine Fehler zugibt. Nur so kann man etwas daraus lernen. In vielen Ländern gibt es hierzu anonyme Sammelstellen, die diese Daten auswerten und darauf hin die häufigsten Fehlerursachen ausfindig machen. Auch sie bemühen sich um die Verringerung der Fehlerzahlen und um die Sicherheit der Patienten.